Eine ältere Frau malt mit Bundstiften auf ein Blatt Papier.

Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung

"Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung" ist eine Sozialhilfe-Leistung des Staates. Der Staat zahlt dabei Geld an Menschen, die sehr wenig Vermögen oder Einkommen haben. Dazu gehören oft Menschen mit Behinderung. Mit dem Geld sollen sie die wichtigsten Dinge zum Leben bezahlen können. Zum Beispiel: Essen, Miete, Heizkosten und Kleidung. Wer kann die Grundsicherung bekommen und wie beantragt man sie? Antworten darauf lesen Sie hier im Text.

Wer kann die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bekommen?

Es gibt vier Gruppen von Menschen, die diese Leistung bekommen können:

  • Menschen, die das Rentenalter erreicht haben.
  • Menschen, die wegen einer Krankheit oder Behinderung nicht arbeiten können. Der Fachausdruck dafür ist: voll erwerbsgemindert. Außerdem müssen sie älter als 18 Jahre sein und das Rentenalter noch nicht erreicht haben. Der Fachausdruck dafür ist: erwerbsfähiges Alter.
  • Menschen, die im Eingangs- oder Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) arbeiten.
  • Menschen, die eine Ausbildung machen und das Budget für Ausbildung in Anspruch nehmen (neu eingeführt durch Angehörigen-Entlastungsgesetz, Artikel 1, Absatz 4.d)

Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bekommen aber nur Menschen, die wenig Geld haben. Also Menschen, die es mit ihrem Einkommen und Vermögen nicht schaffen, ihre Wohnung, Lebensmittel und Kleidung zu bezahlen. Was der Gesetzgeber als Einkommen und Vermögen einrechnet, steht im 12. Sozialgesetzbuches (SGB XII), Paragrafen 82 und 90.

 

Was bedeutet voll erwerbsgemindert?

Sie haben eine Behinderung oder Krankheit und schaffen es deshalb nicht, mindestens drei Stunden am Tag zu arbeiten. Dann sind Sie voll erwerbsgemindert.
Der Gesetzestext lautet: "Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein." (6. Sozialgesetzbuch, Paragraf 43, Absatz 2)
Voll erwerbsgemindert sind automatisch:

  • Beschäftigte einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM)
  • Menschen, die eine Tagesförderstätte oder Fördergruppe einer WfbM besuchen

Die Agentur für Arbeit prüft, ob Sie erwerbsfähig oder voll erwerbsgemindert sind.

Wie beantragt man die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung?

Die Grundsicherung bekommen Sie nur, wenn Sie einen Antrag stellen. Je nachdem wo Sie wohnen, müssen Sie den Antrag bei der Stadt oder bei der Kreisverwaltung stellen. Dort bekommen Sie die entsprechenden Formulare. Um Grundsicherung zu erhalten, müssen Sie Angaben über Ihre persönlichen Verhältnisse machen. Zum Beispiel müssen Sie mitteilen:

  • mit wem Sie zusammenwohnen,
  • wie viel Einkommen und Vermögen Sie haben,
  • wer Ihre Verwandten sind.

Wenn Sie zum ersten Mal einen Antrag auf Grundsicherung stellen: Dann bekommen Sie die Rente ab dem Monat, in dem Sie den Antrag gestellt haben.

Ein Antrags-Formular zum Herunterladen (vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.).

Wie hoch ist die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung?

Ein Mann arbeitet an einer Maschine.

Wie viel Geld Grundsicherungs-Empfänger insgesamt bekommen, ist je nach Bundesland und Wohnort verschieden.
Sie bekommen das Geld nach so genannten Regelsätzen. Wie hoch die Regelsätze an Ihrem Wohnort sind, können Sie bei der Stadt-Verwaltung, beim Landratsamt oder der Kreis-Verwaltung nachfragen. Zusätzlich bekommen Sie noch weitere Beträge, wie zum Beispiel die Kosten für Wohnung und Heizung.

Die Grundsicherungs-Zahlung umfasst insgesamt:

  • den persönlichen Regelsatz
    Der Regelsatz beträgt 563 Euro für Erwachsene, die allein oder in einer Wohngemeinschaft leben. Dieser Regelsatz gilt auch für erwachsene Menschen mit Behinderung, die gemeinsam mit ihren Eltern in einer Wohnung leben.
    Der Regelsatz beträgt 506 Euro für Partner*innen, die in einer gemeinsamen Wohnung leben. Partner*innen sind zum Beispiel Ehegatt*innen oder Lebenspartner*innen.
    Diesen Regelsatz, also 506 Euro, bekommen auch Menschen mit Behinderung, die in besonderen Wohnformen leben. (Stand: 2024)
  • Kosten fürs Wohnen und Heizen (angemessene Kosten)
  • Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung
  • bei Besitz eines Schwerbehinderten-Ausweises mit dem Merkzeichen "G" oder "aG": 
    17 Prozent zusätzlich zum Regelsatz
  • Kosten für einen angemessenen Mehrbedarf für Menschen mit Behinderung oder einer chronischen Erkrankung, wenn diese eine spezielle Ernährung benötigen.
    Zu den Mehrbedarfen gehören auch die Kosten für ein Mittagessen in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Momentan sind das 4,13 Euro für jedes eingenommene Mittagessen (Stand: 2024). Dieses Geld bekommen Sie nicht automatisch. Sie müssen es beantragen.
  • Einen Mehrbedarf in Höhe von 35 Prozent des Regelsatzes können bekommen: Menschen mit Behinderung, die das 15. Lebensjahr vollendet haben und Leistungen durch die Eingliederungshilfe für eine Ausbildung erhalten.

Außerdem gibt es noch einmalige Zahlungen. Zum Beispiel wenn Sie sich orthopädische Schuhe anschaffen oder reparieren lassen müssen. Das gleiche gilt für Reparaturen von Hilfsmitteln.
Einmalige Sonderzahlungen gibt es auch für:

  • Erstausstattung einer Wohnung einschließlich der Haushaltsgeräte,
  • Bekleidung,
  • die Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt.

Spielt das Einkommen und Vermögen von nahen Angehörigen eine Rolle?

Ja. Ob Sie Grundsicherung erhalten, hängt von Ihrem persönlichen Einkommen und Vermögen ab. Aber auch vom Einkommen und Vermögen Ihrer nahen Verwandten. Zum Beispiel vom Einkommen und Vermögen Ihrer Ehepartnerin oder Ihres Lebenspartners in einer ehe-ähnlichen Gemeinschaft.
Seit dem 1. Januar 2023 darf jede leistungsberechtigte Person 10.000 Euro Vermögen behalten. Ehepartner*innen oder Lebenspartner*innen dürfen ebenfalls ein Vermögen von 10.000 Euro haben.
 
Eltern oder Kinder von Grundsicherungs-Empfänger*innen müssen nur dann Unterhalt zahlen, wenn das Jahres-Einkommen eines Elternteils höher als 100.000 Euro ist. Eltern müssen dann monatlich einen geringen Betrag (2022 waren es 28,43 Euro) an das Sozialamt überweisen.
 
Das Vermögen von Eltern oder Kindern eines Grundsicherungs-Empfängers spielt keine Rolle.
 
Mehr Informationen über die Grenzen von Einkommen und Vermögen lesen Sie auf der Internetseite der Lebenshilfe.

Kindergeld und Grundsicherung

Eltern erhalten lebenslang Kindergeld, wenn die Behinderung des Kindes vor dem 25. Lebensjahr eingetreten ist. Voraussetzung ist, dass ihr Kind nicht selbst für seinen Unterhalt sorgen kann. Sozialämter versuchen immer wieder das Kindergeld zum Einkommen des Kindes zu rechnen. Dadurch wird die Grundsicherungs-Zahlung für das voll erwerbsgeminderte Kind kleiner. Doch das Kindergeld ist Einkommen der Eltern, nicht des Kindes mit Behinderung. Eltern von einem Kind mit Behinderung sollten in so einem Fall Widerspruch einlegen. Denn das Sozialamt darf nur in wenigen Fällen das Kindergeld dem voll erwerbsgeminderten Kind als Einkommen zurechnen.

Hier einige Tipps, damit das Kindergeld weiter an die Eltern geht. Und nicht bei der Grundsicherung abgezogen wird:

  • Sie sollten als Eltern das Kindergeld nicht an das voll erwerbsgeminderte Kind mit Behinderung weiterleiten. Denn dann ist es ein Einkommen und kann vom Sozialamt bei der Berechnung der Grundsicherung berücksichtigt werden.
  • Lebt ein Kind mit Behinderung in einer Einrichtung, kann das Kindergeld vom Sozialamt abgezweigt werden. Das heißt, dass das Sozialamt das Kindergeld direkt von der Familienkasse ausbezahlt haben möchte. Das geht aber nur dann, wenn die Eltern keine oder nur geringe Kosten für das Kind mit Behinderung haben. Haben die Eltern aber Kosten für ihr Kind mit Behinderung, dann darf das Kindergeld nicht abgezweigt werden. Wichtig sind hier Belege, wie zum Beispiel Quittungen, Rechnungen oder Überweisungen. Jede Ausgabe wegen der Behinderung des Kindes zählt. Zum Beispiel: medizinische Leistungen, Zuzahlungen zu Hilfsmitteln oder Urlaube mit Mehrbedarf wegen einer Behinderung.
  • Lebt das Kind mit Behinderung im Haushalt der Eltern, kann auch kein Kindergeld abgezweigt werden. Denn nach Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) haben die Eltern regelmäßig Unterhalts-Kosten, die höher sind als das Kindergeld.

Aber: Wenn Eltern eines Kindes mit Behinderung keine oder nur geringe Kosten für ihr Kind tragen, darf die Familienkasse das Kindergeld an das Sozialamt überweisen.

Tipp: Was tun, wenn es Probleme mit dem Kindergeld gibt?

Auf der Internetseite des Bundesverbands für körper- und mehrfachbehinderte Menschene.V. (bvkm) stehen

Zum Beispiel gegen Kürzungen und Abzweigungen des Kindergeldes. Oder wenn der Antrag auf Grundsicherung abgelehnt wird. Sie können diese Muster-Briefe kostenlos herunterladen. Damit können Sie dann Widerspruch einlegen.


Wie Sie sich gegen eine Entscheidung wehren können lesen Sie auch in diesen beiden Familienratgeber-Artikeln: 

Zuzahlungen für Leistungen der Krankenkasse

Auch wenn Sie Grundsicherung bekommen, müssen Sie für manche Leistungen der Krankenkasse selbst Geld zuzahlen. Zum Beispiel für Medikamente oder Hilfsmittel. Hierbei gibt es aber Höchstgrenzen. Wenn Sie Grundsicherung bekommen, müssen Sie höchstens 135,12 Euro pro Jahr zuzahlen. Wenn Sie Grundsicherung bekommen und eine chronische Krankheit haben, müssen Sie höchstens 67,56 Euro pro Jahr zuzahlen. (Stand: 2024)
Das müssen Sie aber bei Ihrer Krankenkasse beantragen. Fragen Sie dazu bei ihrer Krankenkasse nach.

Die Höchstgrenzen für die Zuzahlung gilt auch für Menschen, die eine dieser Leistungen bekommen:

  • Bürgergeld
  • Hilfe zum Lebensunterhalt
  • Leistungen nach dem Asylbewerber-Leistungsgesetz

Zuletzt aktualisiert am 31. Januar 2024

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