Wohnheim für Menschen mit Behinderung
Wohnheime für Menschen mit Behinderung nennt man heute meist „besondere Wohnformen“. Hier gibt es zu jeder Tages- und Nacht-Zeit Hilfe durch das Pflege-Personal. Das kann für Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf sehr hilfreich sein. Was ist der Unterschied zwischen einem Wohnheim und ambulanten Wohnformen? Wer bezahlt die Kosten für die Unterbringung im Wohnheim? Müssen sich nahe Angehörige an den Kosten beteiligen? Diese und andere Fragen beantwortet Ihnen der folgende Text.
- Wohnheim, ja oder nein?
- Wo gibt es Wohnheime?
- Kann man in einem Wohnheim zur Probe wohnen?
- Wer bezahlt die Kosten für das Wohnheim?
- Achtung! - Neue Regeln bei der Eingliederungshilfe
- Eigenes Einkommen und Vermögen
- Eltern von erwachsenen Kindern mit Behinderung
Wohnheim, ja oder nein?
In besonderen Wohnformen wohnen mehrere Menschen mit Behinderung in einem Haus. Sie leben dort meist in Einzel- oder Doppelzimmern. Für manche Menschen mit Behinderung kann es sinnvoll sein, in einem Wohnheim zu wohnen. Besonders dann, wenn sie sehr viel Unterstützung benötigen. Sie müssen sich dann nicht selbst um die Pflege kümmern oder Assistenz organisieren. In einem Wohnheim ist die Unterstützung geregelt. Das Pflegepersonal ist meist ständig vor Ort. Die Pfleger*innen können direkt helfen, wenn Hilfe gebraucht wird.
Das Wohnen in einem Wohnheim nennt man stationäres Wohnen. Im Unterschied dazu gibt es ambulante Wohnformen. Beim ambulanten Wohnen unterstützen Pfleger*innen oder Assistent*innen Menschen mit Behinderung, die in der eigenen Wohnung oder in einer Wohngemeinschaft leben.
Mehr Informationen zum ambulanten Wohnen lesen Sie im Familienratgeber-Artikel Betreutes Wohnen und Wohn-Assistenz.
Im 12. Sozialgesetzbuch steht, dass ambulante Wohnformen den stationären Wohnformen vorzuziehen sind (12. Sozialgesetzbuch Paragraf 13). Das bedeutet: Menschen mit Behinderung sollen zusammen mit Menschen ohne Behinderung wohnen. Einige Menschen mit Behinderung wollen erreichen, dass kein Mensch mit Behinderung in einem Wohnheim leben muss. Das fordert auch die UN-Behindertenrechtskonvention. In Artikel 19 steht: Menschen mit Behinderung dürfen nicht in besonderen Wohnformen (also Wohnheimen) leben müssen, wenn sie das nicht möchten. Wichtig ist also, dass Menschen mit Behinderung wählen können, wo sie leben möchten.
In Zukunft wird es weniger und kleinere Wohnheime für Menschen mit Behinderung geben.
Wo gibt es Wohnheime?
Wohnheime für Menschen mit Behinderung gibt es in vielen Städten und Gemeinden. Anbieter vieler Wohnheime sind die Wohlfahrtsverbände. Zum Beispiel der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband, das Rote Kreuz, die Diakonie oder die Caritas. Außerdem gibt es Wohnheime für Menschen mit Behinderung von gemeinnützigen Vereinen. Zum Beispiel von der Lebenshilfe und dem Sozialverband VdK. An diese Verbände oder Vereine können Sie sich wenden, wenn Sie Fragen zum Thema Wohnen mit Behinderung haben.
Informationen zum Wohnen in einem Wohnheim bekommen Sie auch bei den EUTB-Beratungsstellen.
Hier können Sie nach Wohnheimen für Menschen mit Behinderung suchen:
Adressdatenbank des Familienratgebers
Geben Sie als Schlagwort "Wohnheim" ein und im Suchgebiet Ihre Postleitzahl.
Kann man in einem Wohnheim zur Probe wohnen?
Ja. Wenn Menschen mit Behinderung in ein Wohnheim ziehen wollen, können Sie dort erst einmal zur Probe wohnen. Das bedeutet: Ein Mensch zieht für ein bis zwei Wochen in das Heim und testet, wie es ihm dort gefällt.
Außerdem können Sie den Vertrag mit einem Wohnheim-Träger in den ersten zwei Wochen nach Einzug fristlos kündigen.
Wer bezahlt die Kosten für das Wohnheim?
Die Kosten für ein Wohnheim zahlt meist der Sozialhilfe-Träger. Dies ist oft das Sozialamt. Das Geld überweist der Sozialhilfe-Träger direkt auf Ihr Konto. Davon müssen Sie die Kosten für Unterkunft, Heizung und Verpflegung an das Wohnheim bezahlen. Um das Geld zu erhalten, müssen Sie einen Antrag beim Sozialhilfe-Träger stellen.
Außerdem müssen Sie die Kosten für Unterstützung und Pflege bezahlen. Diese Kosten übernimmt seit 2020 die Eingliederungshilfe. Auch dafür müssen Sie einen Antrag stellen. Wichtig ist dabei: Stellen Sie zuerst den Antrag und warten Sie auf die schriftliche Zusage zur Übernahme der Kosten. Erst anschließend sollten Sie den Vertrag mit dem Wohnheim unterschreiben.
Achtung! - Neue Regeln bei der Eingliederungshilfe
Seit dem Jahr 2020 gibt es neue Regeln bei der Eingliederungshilfe. Die Kosten für das Wohnen in einem Wohnheim bezahlt jetzt nicht mehr die Eingliederungshilfe komplett. Die Eingliederungshilfe übernimmt in Zukunft nur noch die Fachleistungen. Das sind zum Beispiel Therapien, persönliche Unterstützung und Pflege. Kosten für Unterkunft und Essen bezahlt die Eingliederungshilfe nicht mehr. Diese Kosten übernimmt jetzt das örtliche Sozialamt.
Die gesetzliche Grundlage hierfür ist das Bundesteilhabegesetz (BTHG).
Durch das neue Bundesteilhabegesetz ändert sich einiges für Menschen mit Behinderung, die in Wohnheimen leben. Das Merkblatt "BTHG: Was ändert sich für erwachsene Bewohner stationärer Einrichtungen ab 2020?" erklärt diese Änderungen. Das Merkblatt ist vom Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. (bvkm).
Von der Bundesvereinigung Lebenshilfe gibt es dazu eine Check-Liste. Die Check-Liste erklärt, was sich ändert und worauf man achten muss.
Checkliste in Schwerer Sprache
Checkliste in Einfacher Sprache
Mehr Informationen zur Eingliederungshilfe lesen Sie im Familienratgeber-Artikel Eingliederungshilfe.
Eigenes Einkommen und Vermögen
Der Nachteil bei Einzug in ein Wohnheim ist: Sie müssen einen Teil Ihres Einkommens und Vermögens nutzen, um die Kosten zu zahlen. Allerdings gilt seit 2020 ein wesentlich höherer Vermögensfreibetrag. Das heißt: Sie dürfen mehr Geld behalten als früher. Die gesetzliche Grundlage hierfür ist das Bundesteilhabe-Gesetz (BTHG).
Wenn Sie Eingliederungshilfe bekommen, liegt der neue Vermögensfreibetrag jetzt bei 59.220,- Euro (Stand: 2022). Ehegatten und Lebenspartner müssen sich nicht mehr an den Kosten beteiligen. Das bedeutet, es kommt nur noch auf das Einkommen und Vermögen des Menschen mit Behinderung an.
Menschen mit Behinderung, die Sozialhilfe (nach dem 12. Sozialgesetzbuch) erhalten, dürfen 5.000 Euro behalten. Das gilt zum Beispiel, wenn Sie Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhalten.
Bei Menschen mit Behinderung, die Hilfe zur Pflege bekommen, ist es etwas schwieriger. Meistens beträgt der Vermögensfreibetrag hier rund 30.000, - Euro.
Tipp: Mehr Informationen zu den Einkommens- und Vermögensgrenzen lesen Sie auf einem Info-Blatt des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) und auf der Internetseite Umsetzungsbegleitung Bundesteilhabegesetz.
Eltern von erwachsenen Kindern mit Behinderung
Eltern von volljährigen Kindern mit Behinderung mussten bis zum Jahr 2020 einen Unterhalts-Beitrag bezahlen. Das Geld mussten sie bezahlen, wenn ihr Kind Eingliederungshilfe bekam. Seit 2020 müssen die Eltern keinen Unterhalts-Beitrag mehr bezahlen. Es sei denn, sie haben ein Jahres-Einkommen von über 100.000 Euro.
Das Gleiche gilt für Kinder, deren Eltern mit Behinderung Eingliederungshilfe bekommen.
Die gesetzliche Grundlage hierfür ist das Angehörigen-Entlastungsgesetz, Artikel 6.
Weitere Informationen
- Informationen zum Thema Wohnen auf der Internetseite der Lebenshilfe.
- Thema Wohnformen auf der Internetseite des Landschaftsverbands Rheinland.
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