Eine Frau mit einer Gehbehinderung steht an der Fahrertür eines roten PKWs.

Nachteilsausgleiche bei Schwerbehinderung

Menschen mit Schwerbehinderung können Nachteilsausgleiche bekommen. Zum Beispiel günstigere Eintrittspreise, mehr Urlaubstage oder Vorteile bei der Steuer. Der Grund dafür: Menschen mit Behinderung haben in ihrem Alltag oft höhere Kosten. So müssen sie zum Beispiel mehr Geld für Medikamente, Hilfsmittel oder Pflege ausgeben. Um diesen und andere Nachteile zumindest etwas auszugleichen, gibt es die Nachteilsausgleiche. In diesem Artikel werden einige Nachteilsausgleiche vorgestellt.

Nachteilsausgleiche und Schwerbehindertenausweis

Muster eines Schwerbehindertenausweises.

Nachteilsausgleiche sollen für Menschen zwei Dinge möglich machen:

  • bessere Teilhabe und
  • mehr Selbstbestimmung.

Die meisten Nachteilsausgleiche müssen Sie beantragen. Welche Nachteilsausgleiche Sie bekommen können, hängt von Ihrem Grad der Behinderung und von der Art Ihrer Behinderung ab.
Für die meisten Nachteilsausgleiche benötigen Sie einen Schwerbehindertenausweis!
Denn der Schwerbehindertenausweis ist der amtliche Nachweis, dass Sie eine Schwerbehinderung haben. Im Ausweis stehen der Grad der Behinderung (GdB) und Merkzeichen. Der GdB und die Merkzeichen sind für viele Nachteilsausgleiche wichtig.
Lesen Sie in der Familienratgeber-Rubrik Schwerbehinderung mehr zu den Themen Grad der Behinderung, Schwerbehindertenausweis und Merkzeichen.

Früher in Altersrente gehen

Menschen mit Schwerbehinderung können zwei Jahre früher in Rente gehen. Voraussetzung dafür:

  • Sie haben mindestens 35 Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt.
  • Und sie sind 65 Jahre alt. Wenn Sie vor 1964 geboren sind, können Sie auch früher in Rente gehen.
  • Sie haben einen GdB von 50 oder mehr.

Manchmal können Menschen mit Schwerbehinderung auch noch früher in Rente gehen. Doch dann bekommen sie weniger Rente ausbezahlt. Insgesamt können sie fünf Jahre früher in Rente gehen. Rechtsgrundlage hierfür sind die Paragrafen 37 und 236 im 6. Sozialgesetzbuch.
Mehr Informationen erhalten Sie auf der Internetseite der Deutschen Rentenversicherung.

Besonderer Kündigungsschutz

Menschen mit Schwerbehinderung können nicht so einfach gekündigt werden. Arbeitgeber*innen müssen erst beim Integrationsamt einen Antrag stellen. Das Integrationsamt prüft dann, ob die Behinderung der Grund für die Kündigung ist. Und es versucht, eine Einigung zwischen Arbeitgeber*in und Arbeitnehmer*in zu erreichen. Ist aber die Behinderung tatsächlich der Grund für die Kündigung, kann das Integrationsamt die Kündigung ablehnen. Arbeitgeber*innen dürfen den Arbeitnehmer*innen mit Schwerbehinderung dann nicht ohne Weiteres kündigen.
Das Integrationsamt bietet Arbeitgeber*innen auch Hilfe an: So können Arbeitgeber*innen zum Beispiel Geld für den Umbau des Arbeitsplatzes bekommen.
Wenn es im Betrieb eine Schwerbehinderten-Vertretung gibt, dann muss diese über die Kündigung informiert werden. Ist die Schwerbehinderten-Vertretung nicht beteiligt, dann ist die Kündigung unwirksam.
 
Der besondere Kündigungsschutz gilt auch, wenn Arbeitgeber*innen nichts von der Schwerbehinderung der Mitarbeiter*in gewusst haben. Auch für Menschen mit einem GdB von 30 gilt der besondere Kündigungsschutz. Voraussetzung dafür ist: Sie müssen einem Menschen mit Schwerbehinderung gleichgestellt sein. Die Gleichstellung macht die Agentur für Arbeit. Rechtsgrundlage für den besonderen Kündigungsschutz ist das 9. Sozialgesetzbuch, Paragrafen 168–175.
 
Doch Vorsicht! Der besondere Kündigungsschutz bedeutet nicht, dass Menschen mit Schwerbehinderung unkündbar sind. Das Integrationsamt versucht zwar den Arbeitsplatz zu erhalten und bietet Arbeitgeber*innen Hilfe an. Aber das funktioniert nicht immer. In etwa 75 Prozent der Fälle stimmt das Integrationsamt einer Kündigung zu. Dem Menschen mit Schwerbehinderung kann dann gekündigt werden.
Bei Zeitverträgen, in der Probezeit oder bei Probearbeit gibt es keinen besonderen Kündigungsschutz für Menschen mit Schwerbehinderung.
 

Zusatzurlaub

Arbeitnehmer*innen mit Schwerbehinderung haben Anspruch auf fünf zusätzliche Tage bezahlten Urlaub im Jahr. Diese Regelung gilt bei einer 5-Tage-Woche. Wenn Sie diesen Zusatzurlaub erhalten möchten, dann müssen Sie Ihre Schwerbehinderung nachweisen. Zum Beispiel durch einen Schwerbehindertenausweis.
Arbeitnehmer*innen mit einem Grad der Behinderung unter 50 oder gleichgestellte Arbeitnehmer*innen haben keinen Anspruch auf Zusatzurlaub.
Weitere Informationen hierzu erhalten Sie bei den Integrationsämtern. Und auf der Internetseite der Integrationsämter.

Wo steht es im Gesetz?

Die rechtliche Grundlage für den Zusatzurlaub ist das 9. Sozialgesetzbuch, Paragraf 208.

Zum Gesetzestext

Ermäßigungen: Weniger Kosten beim Eintritt ins Museum, Theater oder Kino

Mit dem Schwerbehindertenausweis gibt es oft eine Ermäßigung auf Eintrittspreise: Das heißt, Sie müssen weniger Geld für eine Eintrittskarte bezahlen. Zum Beispiel im Kino, im Schwimmbad, im Museum oder im Theater. Informationen zu Ermäßigungen bekommen Sie an den Kassen, per Telefon oder auf Internetseiten der jeweiligen Stelle.

Kindergeld für erwachsene Menschen mit Schwerbehinderung

Eltern erhalten für Kinder mit Schwerbehinderung auch nach dem 25. Lebensjahr Kindergeld. Die Voraussetzungen dafür sind:

  • Die Behinderung ist vor dem 25. Lebensjahr eingetreten.
  • Das Kind kann seinen Lebensunterhalt nicht selbst verdienen.

Das Kindergeld wird an die Eltern ausgezahlt, nicht an das Kind selbst.
Weitere Informationen dazu finden Sie im Familienratgeber-Artikel Kindergeld.

Rundfunkbeitrag: Ermäßigung und Befreiung

Logo "Beitragsservice" von ARD, ZDF und Deutschlandradio

Folgende Menschen müssen keinen Rundfunkbeitrag bezahlen:

  • taubblinde Menschen und
  • Empfänger*innen von Blindenhilfe (nach Sozialgesetzbuch 12, Paragraf 72)
  • Menschen, die Sozialleistungen bekommen.
    Sozialleistungen sind zum Beispiel Bürgergeld, Grundsicherung, Hilfe zum Lebensunterhalt oder Leistungen für Asylbewerber*innen.

Wenn Sie das Merkzeichen "RF" im Schwerbehindertenausweis haben, können Sie eine Ermäßigung beantragen. Sie zahlen dann nur ein Drittel des normalen Beitrags. Im Jahr 2024 sind das 6,12 Euro statt 18,36 Euro im Monat.
 
Wenn Sie keinen oder einen ermäßigten Beitrag bezahlen möchten, müssen Sie einen Antrag stellen.
Weitere Informationen zum Rundfunkbeitrag für Menschen mit Behinderung finden Sie auf der Internetseite Rundfunkbeitrag. Dort können Sie auch das Antrags-Formular kostenlos herunterladen oder den Antrag online stellen.
Antrags-Formulare bekommen Sie auch beim Bürgerbüro in Ihrer Stadt oder Gemeinde.

Soziale Entschädigung

Soziale Entschädigung können Menschen bekommen, die einen gesundheitlichen Schaden erlitten haben. Und für die die Gesellschaft besondere Verantwortung trägt. Das Recht auf Soziale Entschädigung geht auf die Kriegsopfer-Fürsorge zurück. Kriegsopfer-Fürsorge gab es ursprünglich für Menschen, die im Ersten und Zweiten Weltkrieg verwundet worden waren. Diese Hilfen nennt man jetzt Soziale Entschädigung.
Die gesetzliche Grundlage für die Soziale Entschädigung ist seit dem 1. Januar 2024 das Sozialgesetzbuch 14 - Soziale Entschädigung (SGB XIV)

Soziale Entschädigung können zum Beispiel diese Menschen bekommen:

  • Opfer von körperlichen und psychischen Gewalttaten
  • Menschen, die durch eine Impfung zu Schaden gekommen sind
  • stark vernachlässigte Kinder
  • Soldat*innen, die sich während ihrer Dienstzeit verletzt haben. Der Fachausdruck dafür ist „Wehrdienstbeschädigung“.
  • Zivildienstleistende, die sich während ihrer Dienstzeit verletzt haben
  • Opfer staatlichen Unrechts in der DDR
  • die Hinterbliebenen aller vorhin genannten Menschen

Hilfe und Unterstützung gibt es als Dienst-, Sach- oder Geldleistungen. Die Hilfen stehen im Sozialen Entschädigungsrecht (Sozialgesetzbuch 14). Die wichtigsten Hilfen und Leistungen sind:

  • Schnelle Hilfen, zum Beispiel Unterstützung bei der Antragsstellung oder eine Psychotherapie (Kapitel 4)
  • Krankenbehandlung (Kapitel 5)
  • Leistungen zur Teilhabe (Kapitel 6)
  • Leistungen bei Pflegebedürftigkeit (Kapitel 7)
  • Entschädigungszahlungen (Kapitel 9)
  • Berufsschadensausgleich (Kapitel 10)
  • Besondere Leistungen im Einzelfall  (Kapitel 11)

Personen mit bleibenden Schädigungen können monatliche Entschädigungs-Zahlungen bekommen. Wie viel Geld diese Personen bekommen, hängt ab vom Grad der Schädigungsfolgen (GdS).  Je höher der GdS, desto höher die Zahlung. Bei schwersten Schädigungen können dies bis zu 2.400 Euro im Monat sein. Die Höhe der Entschädigungs-Zahlungen bei unterschiedlichen Schädigungs-Graden steht in Paragraf 83 des Sozialgesetzbuches 14.

Vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt es das Info-Heft „Das Soziale Entschädigungsrecht“. Dort lesen Sie, wer Entschädigungs-Leistungen bekommen kann. Und Sie erfahren, wie Sie diese Leistungen beantragen können.
Auf der Internetseite können Sie das Heft bestellen oder kostenlos herunterladen.
Mehr Informationen zur Sozialen Entschädigung finden Sie auf der Internetseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Mehrbedarf bei Sozialhilfe

Menschen mit Schwerbehinderung haben manchmal einen Anspruch auf mehr Geld. Der Fachbegriff dafür ist „Mehrbedarf“. Voraussetzung für den Zuschlag:

  • Sie sind Empfänger von Sozialleistungen, wie zum Beispiel Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Bürgergeld oder Sozialhilfe.
  • Sie sind dauerhaft erwerbsunfähig und haben einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen "G" oder „aG“.
  • Sie bekommen Eingliederungshilfe zur Schul-, Aus- oder Fortbildung und sind mindestens 15 Jahre.

Der Mehrbedarf bedeutet also mehr Geld, zusätzlich zu den Sozialleistungen. Rechtsgrundlage ist das 12. Sozialgesetzbuch, Paragraf 30.
Lesen Sie für weitere Informationen den Familienratgeber-Artikel Sozialhilfe-Gesetz - 12. Sozialgesetzbuch.

Studium

Normalerweise gibt es BAföG nur für eine bestimmte Zeit. Der Fachausdruck dafür ist „Förderungshöchstdauer“. BAföG ist Geld vom Staat, das Schüler*innen und Studierende für ihre Ausbildung bekommen können. Studierende mit Behinderung können das BAföG länger bekommen. Wie lange, ist im Gesetz nicht genau festgelegt.
Mehr Informationen dazu lesem Sie in den Familienratgeber-Artikeln Studieren mit Behinderung sowie BAföG.

Infos für Studierende mit Behinderung

"Auf dem Weg zur inklusiven Hochschule" heißt eine Internetseite des Deutschen Studierendenwerks. Dort stehen viele hilfreiche Infos für Studieren mit Behinderungen und chronischen Krankheiten.

Zu den Infos für Studierende mit Behinderung

Telefon

Telefon-Gesellschaften bieten manchmal besondere Tarife für Menschen mit Behinderung an. Zum Beispiel den Sozialtarif der Deutschen Telekom. Voraussetzung dafür ist meist ein Grad der Behinderung von 50 oder mehr. Es kann aber trotzdem sein, dass ein normaler Tarif günstiger ist: zum Beispiel für Menschen, die viel telefonieren. Verbraucherschutz-Zentralen bieten Ihnen hierbei Hilfe und Beratung.

Post: Blindensendungen

Logo Deutsche Post 2019

Die Deutsche Post versendet Schriftstücke in Brailleschrift (Blindenschrift) kostenlos im In- und Ausland. Schriftstücke können Briefe, Bücher oder Broschüren sein. Ebenso Tonträger, wie zum Beispiel CDs, wenn der Absender oder Empfänger eine amtlich anerkannte Blindenanstalt ist. Wer eine Blindensendung verschickt, darf den Brief oder das Päckchen nicht zukleben. Außerdem muss über dem Namen des Empfängers der Zusatz „Blindensendung“ stehen. Für Blindensendungen im In- und Ausland gibt es vorgeschriebene Höchstmaße. Und auch ein maximales Gewicht.
Die Informationen dazu lesen Sie auf der Internetseite der Deutschen Post.

Bausparverträge

Schwerbehinderte Menschen ab einem Grad der Behinderung von 95 können früher auf ihr Geld im Bausparvertrag zugreifen. Das bedeutet, sie können das Geld früher bekommen, als es im Vertrag steht. Dadurch entstehen keine zusätzlichen Kosten oder Abzüge. Auch wenn der oder die Ehepartner*in einen GdB von mehr als 95 hat, können Sie den Bausparvertrag früher kündigen. Schreiben Sie an Ihre Bausparkasse, wenn Sie sich Ihr Guthaben vorzeitig auszahlen lassen wollen.

Tipp: Suche nach Nachteilsausgleichen

Auf der Internet-Seite "schwerbehindertenausweis.de" finden Sie Nachteilsausgleiche, die für Sie in Frage kommen:
Sie können Ihren Grad der Behinderung (GdB) und Ihr Merkzeichen angeben. Dann sehen Sie eine Übersicht mit den Nachteilsausgleichen.

Zur Übersicht Nachteilsausgleiche

Zuletzt aktualisiert am 23. Februar 2024

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