Eine Frau und ein Mann stehen lächelnd nebeneinander.

Rechtliche Betreuung

Ab dem 18. Lebensjahr sind Menschen für sich selbst verantwortlich. Das bedeutet, sie müssen selbst Entscheidungen treffen. Und sie müssen rechtliche Angelegenheiten selbst regeln. Zum Beispiel ein Konto eröffnen oder einen Wohnungs- oder Arbeits-Vertrag unterschreiben. Manche Menschen können nicht in allen Bereichen für sich selbst entscheiden. Grund dafür kann eine Krankheit oder eine oder sein. Diese Menschen können Unterstützung bekommen: die rechtliche Betreuung. Eine Betreuerin oder ein Betreuer kann dann den Menschen bei der Entscheidung helfen. Wunsch und Wille der betreuten Menschen müssen aber beachtet werden. Im folgenden Text beantworten wir die wichtigsten Fragen zur gesetzlichen Betreuung.

Was bedeutet rechtliche Betreuung für erwachsene Menschen?

Einen rechtlichen Betreuer oder eine Betreuerin bekommen erwachsene Menschen, die nicht so gut für sich selbst entscheiden können. Das können zum Beispiel Menschen mit einer seelischen oder geistigen Behinderung oder Krankheit sein. Auch ältere Menschen können einen Betreuer bekommen, wenn sie zum Beispiel haben.

Wo steht es im Gesetz?

Die gesetzliche Grundlage für die gesetzliche Betreuung ist das Bürgerliche Gesetzbuch, Paragrafen 1896 – 1908.

Wie kommt es zu einer gesetzlichen Betreuung?

Eine Betreuung können Menschen für sich selbst beantragen. Auch andere Personen können eine gesetzliche Betreuung vorschlagen, zum Beispiel ein Familienangehöriger oder eine Nachbarin.

Den Antrag für eine rechtliche Betreuung muss man schriftlich oder mündlich beim stellen. Vordrucke gibt es zum Beispiel beim Justiz-Ministerium Rheinland-Pfalz.

Hat das Betreuungsgericht so einen Antrag bekommen, prüft es, ob eine Betreuung notwendig ist. Manchmal gibt es andere Möglichkeiten, einen Menschen zu unterstützen. Dann wird die Betreuung abgelehnt. Wenn tatsächlich eine Betreuung notwendig ist, bestimmt das Gericht eine Betreuungsperson. Außerdem legt das Betreuungsgericht fest, für welche Bereiche eine Betreuung nötig ist: zum Beispiel im Bereich Geld-Angelegenheiten, bei Gesundheits-Fragen oder beim Umgang mit Behörden. In welchen Bereichen ein betreuter Mensch Unterstützung bekommen soll, muss also festgelegt sein, bevor die Betreuung beginnt.

Normalerweise gibt es keine Betreuung für volljährige Menschen, wenn sie es nicht wollen. Es gibt aber Ausnahmen: Ein Gericht kann zum Beispiel eine Betreuung bestimmen, wenn sich eine Person sonst selbst in Gefahr bringt. Eine gesetzliche Betreuung kann auch dann bestimmt werden, wenn eine Person andere Menschen gefährdet. 

Wenn eine Person Betreuung bekommen soll und damit nicht einverstanden ist: Dann kann sie immer Beschwerde dagegen einlegen. Das Gericht muss diese Beschwerde prüfen.
 
Mehr über die Aufgaben-Bereiche der gesetzlichen Betreuung lesen Sie im Familienratgeber Artikel Aufgaben der rechtlichen Betreuung.

Neues Betreuungsrecht seit 2023

Seit dem 1. Januar 2023 gilt ein neues Betreuungsrecht. Der bislang gültige Gesetzestext wurde überarbeitet. Dadurch sollen betreute Menschen mehr Selbstständigkeit und mehr Möglichkeiten zur Mitbestimmung bekommen. Hier die wichtigsten Änderungen im Überblick:

  • Betreuer*innen müssen den Willen und die Wünsche der betreuten Person stärker als bisher berücksichtigen.
  • Die betreute Person soll dabei unterstützt werden, selbst Entscheidungen zu treffen. Stellvertretende Entscheidungen der Betreuer*innen sollen die Ausnahme sein.
  • Betreuer*innen und betreute Personen müssen sich kennenlernen, bevor die Betreuung beginnt.
  • Der betreute Mensch und die Betreuungsperson sollen mehr persönlichen Kontakt haben als bisher.
  • Das Betreuungsgericht soll die betreute Person besser informieren: zum Beispiel über Gerichtsurteile zu der Betreuung. Und das Gericht soll der betreuten Person mehr Rechte zur Mitsprache und zur Beschwerde geben.
  • Betreute Personen können jetzt bei Gericht selbst Erklärungen abgeben, Anträge stellen oder gegen Gerichtsentscheidungen vorgehen.
  • Ehrenamtliche Betreuer*innen sollen besser unterstützt werden, zum Beispiel durch Betreuungsvereine.

Mehr Infos zum neuen Betreuungsrecht

Weitere Infos zu den Änderungen des Betreuungsrechtes lesen Sie im Online-Lexikon Betreuungsrecht und auf der Internetseite der Aktion Mensch. Auch die Lebenshilfe hat einen Text zu den Änderungen im Betreuungsrecht geschrieben.

Kann ich meinen Betreuer oder meine Betreuerin selbst bestimmen?

Ja und Nein. Das Gericht muss Ihre Wünsche anhören, doch ist es nicht dazu verpflichtet, sich daran zu halten. In einer Betreuungsverfügung können Sie bestimmen, wer Ihr Betreuer oder Ihre Betreuerin werden soll. Nähere Informationen dazu können Sie im Familienratgeber-Artikel Betreuungsverfügung lesen.

Mit einer können Sie eine Betreuung vermeiden. Sie bestimmen eine Person, die für Sie entscheiden soll, wenn Sie es selbst nicht mehr können. Die Vorsorgevollmacht hat aber auch Nachteile. Lesen Sie dazu den Familienratgeber-Artikel Vorsorgevollmacht.

Wie lange dauert eine gesetzliche Betreuung für erwachsene Menschen?

Das Gericht setzt die Betreuung erst einmal für ein halbes Jahr fest. Dies ist eine vorläufige Betreuung. Nach diesem halben Jahr prüfen die Richter*innen, ob Sie eine dauerhafte Betreuung brauchen. Das Betreuungsgericht prüft dauerhafte Betreuungen nach sieben Jahren nochmals.

Kann ich eine rechtliche Betreuung wieder rückgängig machen?

Ja. Eine betreute Person kann dazu jederzeit einen Antrag beim Betreuungsgericht stellen. Auch Betreuer*innen können diesen Antrag stellen. Das Gericht ist verpflichtet zu prüfen, ob man die Betreuung aufheben kann. Nur wenn jemand innerhalb kurzer Zeit immer wieder einen Antrag auf Aufhebung der Betreuung stellt, kann das Gericht dies ablehnen. 

Fällt der Grund für eine Betreuung weg, muss das Gericht die Betreuung aufheben. War der Grund zum Beispiel eine Krankheit und ich bin wieder gesund und kann selbst entscheiden? Dann muss das Gericht die Betreuung aufheben.

Bekommen Menschen mit schwerer körperlicher Behinderung automatisch eine rechtliche Betreuung?

Nein! Kann ein Mensch mit körperlicher Behinderung seinen Willen mitteilen, darf keiner für diesen Menschen eine rechtliche Betreuung bestellen. Nur wenn die Person selbst eine Betreuung will, dann kann das Gericht einen gesetzlichen Betreuer oder eine Betreuerin bestimmen.

Wer kann Betreuer*in werden?

Ein Mann sitzt neben einer Frau und macht mit Hand ein Victory-Zeichen.

Sie können eine Person als Betreuer*in vorschlagen, zum Beispiel einen Familienangehörigen. Das Gericht muss prüfen, ob die vorgeschlagene Person für eine Betreuung geeignet ist. Haben Sie eine Betreuungsverfügung, versucht das Gericht die darin enthaltenen Wünsche zu erfüllen. Betreuungsperson werden können zum Beispiel:

  • Verwandte, Freund*innen oder Partner*innen
  • Mitglieder eines Betreuungsvereins
  • selbstständige Berufsbetreuer*innen
  • Mitarbeiter*innen einer Betreuungsbehörde

In Deutschland sind mehr als die Hälfte aller rechtlichen Betreuer*innen Familienangehörige. Seit einigen Jahren gibt es immer mehr Berufsbetreuer*innen.

Für welche Bereiche ist ein rechtlicher Betreuer oder eine Betreuerin zuständig?

Das kommt ganz auf die zu betreuende Person an. Das Gericht bestimmt, für welche Lebens-Bereiche eine Betreuung notwendig ist. Nur für die Bereiche, für die der betreute Mensch nicht mehr selbst entscheiden kann, springt eine Betreuungsperson ein. Wenn eine betreute Person zum Beispiel nicht so gut mit Geld umgehen kann, dann kann dies der gesetzliche Betreuer oder die Betreuerin übernehmen. Die Aufgaben der Betreuung stehen im Betreuungs-Ausweis der Betreuerin oder des Betreuers.

Mehr Informationen dazu finden Sie im Familienratgeber-Artikel Aufgaben der rechtlichen Betreuung.

Bin ich automatisch geschäftsunfähig, wenn ich eine Betreuung habe?

Nein! Auch wenn Sie einen rechtlichen Betreuer oder eine Betreuerin haben, können Sie voll geschäftsfähig sein. Kommt es bei Entscheidungen zu Streit, muss am Ende das Betreuungsgericht entscheiden (Paragraf 104, Bürgerliches Gesetzbuch).

Was bedeutet "voll geschäftsfähig"?

Voll geschäftsfähig ist normalerweise jeder Mensch über 18 Jahre. Das heißt, man kann ab diesem Alter Rechtsgeschäfte eingehen. Rechtsgeschäfte sind zum Beispiel Mietverträge, Arbeitsverträge, ein Bankkonto eröffnen, Heiraten oder Kaufverträge. Unterschreibt eine Person zum Beispiel einen Mietvertrag, dann ist dieser Vertrag gültig. Hält sich diese Person nicht an den Vertrag, kann sie vor Gericht verklagt werden.

Es kann vorkommen, dass eine Person seine Geschäftsfähigkeit verliert: zum Beispiel wegen einer psychischen Erkrankung oder durch die Folgen eines Unfalls.

Es kann dann passieren, dass eine Person nicht mehr vernünftig für sich selbst entscheiden kann. Wenn das Betreuungsgericht davon erfährt, spricht es mit der Person (wenn es möglich ist). Das Gericht prüft, bei welchen Entscheidungen diese Person Hilfe braucht. Für diese Bereiche bestimmt das Gericht dann einen gesetzlichen Betreuer oder eine Betreuerin. Die Betreuungsperson übernimmt dann die Rechtsgeschäfte für den betreuten Menschen.

Dürfen Menschen mit rechtlicher Betreuung wählen?

Ja. Menschen mit Behinderung, die eine rechtliche Betreuung haben, dürfen in Deutschland wählen: zum Beispiel bei Bundestags-, Landtags- oder Europawahlen. Dazu gab es im Jahr 2019 ein Urteil des Bundesverfassungs-Gerichts.

Außerdem gibt es noch eine weitere neue Regel im Bundes-Wahlgesetz: Wer nicht lesen kann oder anderweitig eingeschränkt ist, darf Hilfe bekommen.

Wie kann ich eine gesetzliche Betreuung vermeiden?

Sie können eine Betreuung vermeiden, indem Sie eine Vorsorgevollmacht erstellen. Durch die Vorsorgevollmacht bestimmen Sie, wer für Sie entscheiden soll, wenn Sie es nicht mehr können. Nähere Informationen dazu finden Sie im Familienratgeber-Artikel Vorsorgevollmacht.

Wer kontrolliert die Betreuer*innen?

Das Betreuungsgericht. Einmal im Jahr muss die Betreuerin oder der Betreuer dem Gericht einen Bericht zusenden. Das Gericht prüft dadurch, ob die Betreuungsperson richtig und gut für den betreuten Menschen entschieden hat. 

Wenn Ärzt*innen, Verwandte, Nachbar*innen, Familienangehörige oder auch Freund*innen das Gefühl haben, dass die Betreuungsperson nicht gut entscheidet: Dann können sie Beschwerde beim Gericht einreichen. Das Gericht muss dann prüfen, ob vielleicht ein anderer Mensch Betreuer oder Betreuerin werden soll.

Wo kann ich mich beraten lassen?

Beratung können Sie bei Rechtsanwält*innen, sozialen Diensten oder der Betreuungsbehörde bekommen. Auch bei Pflege- und Senioren-Beratungsstellen bekommen Sie Unterstützung. Die Caritas bietet auch eine kostenlose Online-Beratung zur rechtlichen Betreuung und Vorsorge.

Zuletzt aktualisiert am 08. April 2025

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