Infos für Menschen mit Behinderung und deren Angehörige.

Psychische Behinderung

Psychische Erkrankungen kann man nicht sehen. Aber sie kommen häufiger vor, als man denkt. Und die Zahl der Menschen mit einer psychischen Erkrankung nimmt zu. Jeder Mensch kann psychisch krank werden. Wenn eine psychische Erkrankung nicht behandelt wird, kann sie zu einer Behinderung werden. Was ist eine psychische Behinderung? Und wo kann man Hilfe bekommen? Diese und andere Fragen beantwortet der Text.


Was ist eine psychische Erkrankung?

Ob man eine psychische Erkrankung hat, stellen Fachärzt*innen für Psychologie oder Psycho-Therapeut*innen fest. Dazu sprechen sie zuerst ausführlich mit der Patientin oder dem Patienten. Auch für Expert*innen ist es oft schwierig, eine psychische Erkrankung festzustellen. Die Diagnosen beschreiben manchmal nur, wie es den Patient*innen momentan geht und welche Probleme sie haben. Es gibt eine Vielzahl psychischer Erkrankungen, die einer psychischen oder seelischen Behinderung vorausgehen können. Zum Beispiel diese:

Nicht jede psychische Erkrankung führt zu einer psychischen Behinderung. Es gibt eine Vielzahl an psychischen Störungen. Beispielsweise die Schwierigkeit, sich zu konzentrieren oder zu orientieren. Oder eine starke Veränderung in der Gefühls-Welt, zum Beispiel ein starkes Gefühl der Angst oder der Traurigkeit. Weitere Anzeichen für eine psychische Erkrankung sind zum Beispiel Lustlosigkeit und das Gefühl, keine Kraft und Energie zu haben. Oft möchte man dann auch keine anderen Menschen sprechen oder sich mit ihnen treffen.

Wann wird eine psychische Erkrankung zu einer Behinderung?

Eine Erkrankung wird zur Behinderung, wenn sie länger als sechs Monate anhält. Im 9. Sozialgesetzbuch, Paragraf 2, Absatz 1 steht: „Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie (…) an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können.“
Auch die UN-Behindertenrechts-Konvention (Artikel 1) zählt Menschen mit lange andauernden seelischen Problemen zu den Menschen mit Behinderung.
Andere Menschen erkennen eine psychische Behinderung oft nicht. Sie sind eben meist nicht offensichtlich. Das ist anders als bei vielen Körperbehinderungen und auch geistigen Behinderungen. Eine psychische Behinderung tritt manchmal auch zusammen mit einer geistigen oder körperlichen Behinderung auf.

Welche Auswirkungen hat eine psychische Behinderung im Alltag?

Menschen mit einer psychischen Behinderung können nicht mehr wie gewohnt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Sich selbst zu versorgen, kann Menschen mit einer psychischen Behinderung schwerfallen. Manchmal gelingt es ihnen gar nicht mehr. Die Bereitschaft zur Schule, zur Universität oder zur Arbeit zu gehen, kann abnehmen. Der Kontakt zu anderen Menschen ist schwierig. Manchmal wird er auf das Nötigste reduziert. Manche Menschen mit psychischer Behinderung verlieren den Bezug zur Realität. Sie hören oder sehen Dinge, die nicht da sind. Andere fühlen sich verfolgt oder fremdbestimmt. Im Extremfall führt das zum Verlust der Arbeit, der Wohnung oder von Freundschaften.

Wo kann ich Hilfe bekommen?

Andi Weiland | Gesellschaftsbilder.de

Wenn Sie eine psychische Erkrankung oder Behinderung haben, sollten Sie sich auf jeden Fall helfen lassen. Sie können direkt zu einem Facharzt oder einer Fachärztin für Psychologie gehen. Oder auch zu einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten. Oder Sie lassen sich dorthin überweisen. Es gibt Psychotherapeut*innen für Erwachsene und auch speziell für Kinder und Jugendliche.
Psychotherapie bedeutet wörtlich übersetzt „Behandlung der Seele“. Psychotherapeutische Behandlungen sind zum Beispiel eine Verhaltens-Therapie oder eine psycho-analytische Therapie. Meistens bezahlt die Krankenkasse die Behandlung. Es gibt ambulante und stationäre Therapien. Bei einer stationären Therapie sind Sie in einer Klinik, solange die Therapie dauert. Die Betreuung ist hier meistens intensiver als bei einer ambulanten Therapie.
Außerdem haben Sie die Möglichkeit, eine Einzel-Therapie oder eine Gruppen-Therapie zu machen.

Mehr Informationen zum Thema Psychotherapie bietet das Ratgeber-Heft „Wege zur Psychotherapie“. Das Heft ist von der Bundes-Psychotherapeuten-Kammer. Sie können es kostenlos herunterladen.

Wie bekomme ich einen Termin für eine Psychotherapie?

Bei Ihrer Krankenkasse können Sie nach den Kontaktdaten von Psychotherapeut*innen in Ihrer Nähe fragen.
Falls Sie dort keinen Termin bekommen, können Sie sich bei einer Termin-Servicestelle melden. Die Termin-Servicestellen geben Ihnen dann einen Termin bei einem Psychotherapeuten oder einer Psychotherapeutin.
Die deutschlandweite Telefonnummer der Servicestellen ist: 11 61 17.
Sie können dort anrufen. Oder Sie vereinbaren einen Termin auf der Internetseite der Termin-Servicestellen.
Wenn Sie schnell eine Therapie brauchen, darf die Wartezeit bis zum Termin höchstens zwei Wochen dauern. Wenn Ihnen die Servicestelle keinen Termin geben kann, muss sie Ihnen einen Behandlungs-Termin in einem Krankenhaus nennen.
 
Auf der Internetseite der Bundes-Psychotherapeuten-Kammer können Sie ebenfalls nach Psychotherapeut*innen in Ihrer Nähe suchen. Sie haben verschiedene Suchmöglichkeiten. Zum Beispiel können Sie nach Therapeut*innen für Erwachsene oder für Kinder und Jugendliche suchen.

Schnelle Hilfe in Krisen

Einer psychischen Behinderung geht oft eine psychische Erkrankung voraus. Bei akuten psychischen Erkrankungen sollten Sie schnell Hilfe bekommen. Das nennt man „Krisen-Intervention“. Im Extremfall können Sie zu einer Gefahr für sich selbst und für andere werden. Eine stationäre Unterbringung und Behandlung in einer psychiatrischen Klinik sind dann ratsam. In einer Krisensituation können Sie sich auch an eine psycho-soziale Beratungsstelle wenden. Zum Beispiel an eine Familien-, Lebens- oder Sucht-Beratungsstelle.
Oder Sie rufen bei einer Telefon-Beratungsstelle an. Auf der Internetseite des Aktionsbündnis Seelische Gesundheit finden Sie die Telefonnummern von Beratungsstellen.
Mehr Informationen dazu lesen Sie im Familienratgeber-Artikel Was tun bei einer seelischen Krise?.

Welche Hilfe gibt es für Kinder und Jugendliche mit psychischer Behinderung?

Die Internetseite JugendNotmail bietet eine Online-Beratung für Kinder und Jugendliche. Die Beratung ist kostenlos und vertraulich. Kinder und Jugendliche können sich zu jeder Zeit an allen Tagen der Woche hier beraten lassen. Zum Beispiel zu den Themen:

  • Angst
  • Depression
  • Selbstverletzung
  • Essstörungen
  • Mobbing
  • Gewalt
  • Sucht

Kein Thema ist hier verboten. Die Beratung ist möglich per Mail oder per Chat.
Für Kinder oder Jugendliche mit einer psychischen Behinderung können Sie einen Antrag auf Eingliederungshilfe stellen. Dies können Jugendliche selbst oder die Sorgeberechtigten beim zuständigen Jugendamt machen. Beim Jugendamt bekommen Sie auch Infos über weitere Hilfe-Angebote.
Was genau Eingliederungshilfe ist und wie Sie diese beantragen, lesen Sie im Familienratgeber-Artikel Eingliederungshilfe.

Kann ich eine psychische Behinderung als Schwerbehinderung anerkennen lassen?

Ja, eine psychische Behinderung können Sie als Schwerbehinderung anerkennen lassen. Das hat zum Beispiel Auswirkungen auf den Kündigungs-Schutz. Außerdem können Sie dann finanzielle Unterstützung bekommen. Den Antrag stellen Sie bei der Kommunalverwaltung oder beim Versorgungsamt an Ihrem Wohnort. Ein psychiatrisches Gutachten legt fest, ob Ihre psychische Behinderung als Schwerbehinderung anerkannt wird.
Mehr Informationen über den Grad der Behinderung bei psychischen Behinderungen lesen Sie auf der Internetseite Anwalt.de.

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