Zwei Personen im Gespräch

Wie lege ich Widerspruch ein?

Sie haben einen Antrag auf eine Kur, Eingliederungshilfe oder einen Pflegegrad gestellt. Nun bekommen Sie eine Ablehnung oder eine viel zu geringe Leistung. Oder Sie bekommen eine andere Leistung als Sie beantragt hatten. Dagegen können Sie Widerspruch einlegen. Wie Sie das machen, lesen Sie in diesem Artikel.

Wann kann ich Widerspruch einlegen?

Wenn Sie bei öffentlichen Stellen einen Antrag stellen, bekommen Sie anschließend einen Bescheid. Öffentliche Stellen sind zum Beispiel Behörden, gesetzliche Versicherungen oder Krankenkassen. Der Bescheid ist die Antwort der öffentlichen Stelle auf Ihren Antrag. Nicht immer bekommen Sie eine positive Antwort. Die Behörde, Versicherung oder Krankenkasse kann den Antrag auch ablehnen. Oder die bewilligten Leistungen sind zu niedrig. Oder Sie bekommen andere Leistungen als Sie beantragt haben. Dann kann es sich lohnen, Widerspruch einzulegen. Die Behörde, die Versicherung oder Krankenkasse muss ihre Entscheidung dann noch einmal prüfen.

Warum sich Widerspruch lohnt

Es kann sich lohnen, Widerspruch einzulegen: Die Behörde, die Versicherung oder Krankenkasse muss ihre Entscheidung dann noch einmal prüfen.

Beispiele für Entscheidungen, bei denen ein Widerspruch sinnvoll sein kann

Dies sind nur einige Beispiele. Grundsätzlich können Sie gegen alle Bescheide öffentlicher Stellen Widerspruch einlegen.

Wie lege ich Widerspruch ein?

Ein Block mit einem darauf liegenden Stift.

Es gibt zwei Möglichkeiten: mündlich oder schriftlich.

Schriftlicher Widerspruch: 

Sie schreiben den Widerspruch und senden ihn per Post oder Fax an die Behörde oder Versicherung. Eine E-Mail genügt nicht, wenn Sie den Bescheid per Post bekommen haben. Am besten senden Sie den Widerspruch per Einschreiben mit Rückschein. So können Sie später beweisen, dass Sie den Widerspruch rechtzeitig abgeschickt haben. Außerdem sollten Sie sich eine Kopie Ihres Widerspruchs machen. So wissen Sie auch später noch, was Sie im Widerspruch geschrieben haben. Das kann später sehr wichtig sein.

Mündlicher Widerspruch: 

Wenn Sie einen mündlichen Widerspruch einlegen wollen, gehen Sie zur zuständigen Behörde oder öffentlichen Stelle. Fragen Sie, welche Person für Widersprüche zuständig ist. Gehen Sie zu der zuständigen Person. Hier geben Sie den Widerspruch zu Protokoll. Das heißt: Sie sagen, dass Sie Widerspruch gegen einen Bescheid einlegen wollen. Und warum Sie Widerspruch einlegen wollen. Alles, was Sie sagen, schreibt dann die zuständige Person in der Behörde auf. Verlangen Sie eine Kopie dieses Protokolls. Achten Sie darauf, dass das richtige Datum auf dem Protokoll steht. Die Kopie und das Datum können später noch wichtig sein. Sie müssen dafür keinen Termin vereinbaren. Die Behörde darf sie nicht wegschicken. Die meisten Menschen legen nicht mündlich Widerspruch ein. Sie machen das schriftlich. Behörden und Anwält*innen sind daran gewöhnt, dass Menschen eher schriftlich Widerspruch einlegen. Sie können den Fall dann einfacher bearbeiten. Aber Sie haben grundsätzlich das Recht, mündlich Widerspruch einzulegen.

Ist es wichtig, wann Sie einen Widerspruch abschicken?

Ja, sehr wichtig! Sie müssen darauf achten, den Widerspruch rechtzeitig abzuschicken. Schicken Sie den Widerspruch zu spät ab, ist Ihr Widerspruch ungültig.

Wie finde ich heraus, bis wann ich Widerspruch einlegen kann?

Es gibt zwei Möglichkeiten:

  1. Im Bescheid steht, bis wann Sie Widerspruch einlegen können. Die meisten Bescheide öffentlicher Stellen enthalten eine sogenannte „Rechtsbehelfsbelehrung“. Das ist ein Text mit Informationen, wie man sich gegen den Bescheid wehren kann. In der Rechtsbehelfsbelehrung steht dann zum Beispiel: Sie haben einen Monat Zeit, um Widerspruch einzulegen. Wenn Sie Ihren Bescheid zum Beispiel am 1. März erhalten haben, muss der Widerspruch spätestens am 1. April bei der Behörde ankommen. Es reicht nicht aus, den Widerspruch erst am 1. April loszuschicken.
  2. Manche Bescheide enthalten keine Rechtsbehelfsbelehrung. Das ist ein Fehler der Behörde, Kranken-, Pflege- oder Rentenkasse. Dann haben Sie ein Jahr lang Zeit, Widerspruch einzulegen.

Welche Form muss ein Widerspruch haben?

Diese Angaben müssen in einem Widerspruch stehen:

  • Die Adresse der Behörde, Versicherung oder Krankenkasse, gegen deren Bescheid Sie Widerspruch einlegen wollen. Sie finden diese Adresse im Bescheid in der Rechtsbehelfsbelehrung. Die Rechtsbehelfsbelehrung finden Sie am Ende des Bescheids.
  • Ihr Namen, Ihre Adresse und das Datum
  • Ein Satz, der beschreibt, gegen was Sie Widerspruch einlegen. Zum Beispiel: „Hiermit lege ich fristgerecht Widerspruch ein gegen Ihren Bescheid vom (23.07.2020) ein. Ich bin nicht damit einverstanden, welchen Grad der Behinderung ich von Ihnen bekommen habe.“
  • Wenn Sie eine Begründung für den Widerspruch schreiben wollen, aber noch mehr Zeit dafür brauchen: Dann müssen Sie im Widerspruch schreiben, dass Sie die Begründung nachreichen werden. Das kann sinnvoll sein, um die Frist einzuhalten. Denn den Grund für den Widerspruch sollten Sie sehr gut vorbereiten. Dafür braucht man manchmal mehr Zeit. Vielleicht möchten Sie auch noch mit einer Beratungsstelle sprechen oder weitere Dokumente beschaffen.
  • Ihre Unterschrift

Diese Angaben können Sie noch zusätzlich in den Widerspruch schreiben:

  • Akten- oder Geschäftszeichen der Behörde. Diese Angaben finden Sie im Bescheid.
  • Sie können Ihren Widerspruch auch sofort begründen. Dann schreiben Sie schon im Widerspruch eine Begründung. Sie können auch zusätzliche Unterlagen zum Widerspruch legen, zum Beispiel Arztberichte oder Röntgenbilder. Kopien davon reichen aus.

Tipp: Verlangen Sie Akteneinsicht!

Begründen Sie Ihren Widerspruch gut! Dazu können Sie Akteneinsicht beantragen. Das bedeutet: Sie haben das Recht, Ihre Unterlagen bei der Behörde anzusehen. So können Sie besser verstehen, warum die Behörde oder Krankenkasse Ihren Antrag abgelehnt hat. Dann können Sie zum Beispiel noch zusätzliche Dokumente einreichen. Und Sie können besser begründen, warum die Ablehnung Ihrer Meinung nach falsch war.

Ein Beispiel: Sie haben beim Versorgungsamt einen Antrag auf Feststellung einer Schwerbehinderung gestellt. Sie erhalten einen Bescheid. Mit dem festgestellten Grad der Behinderung sind Sie nicht einverstanden. Sie beantragen deshalb Akteneinsicht. Sie stellen fest: Das Versorgungsamt hat nicht alle ärztlichen Befunde beachtet. Oder das Versorgungsamt hat nicht mit den Ärzten gesprochen, die Sie im Antrag angegeben hatten. Nun können Sie Ihren Widerspruch besser begründen: Sie können zum Beispiel schreiben, dass das Versorgungsamt noch mit Ihrem Arzt sprechen sollte. Es kann auch sinnvoll sein, Ihren Arzt oder Ihre Ärztin um zusätzliche Berichte zu bitten. Ihre Ärzte können Ihnen auch bei der Formulierung der Begründung helfen.

Muss ich meinen Widerspruch begründen?

Nein, das ist keine Pflicht.

Eine gute Begründung ist aber sehr wichtig. Sie können besser erklären, weshalb Sie nicht einverstanden sind. Sie können direkt antworten auf Argumente im Brief der Behörde. Sie können Ihre Sicht noch einmal neu oder anders erklären. Ihr Widerspruch bekommt dadurch mehr Gewicht. Ohne eine gute Begründung kann es sein, dass die Behörde oder Krankenkasse Ihren Widerspruch einfach ablehnt.

Wie lange habe ich für die Begründung Zeit?

Meistens haben Sie vier Wochen Zeit, Ihren Widerspruch zu begründen. Dazu müssen Sie in Ihrem Widerspruch ankündigen, dass Sie eine Begründung nachreichen werden. Die Behörde oder öffentliche Stelle schickt Ihnen eine Bestätigung, wenn sie Ihren Widerspruch bekommen hat. In dieser Bestätigung steht meistens auch eine konkrete Frist für Ihre Begründung. Sie sollten nicht zu lange damit warten, die Begründung nachzureichen. Denn eine Behörde oder öffentliche Stelle muss spätestens drei Monate nach Ihrem Widerspruch eine Entscheidung treffen.

Kostet ein Widerspruch etwas?

Nein! Ein Widerspruch über abgelehnte oder falsch bemessene Sozialleistungen kostet nichts. Das steht im Paragraf 64 des 10. Sozialgesetzbuchs. Im 10. Sozialgesetzbuch geht es um sozialrechtliche Angelegenheiten. Zu den sozialrechtlichen Angelegenheiten gehören zum Beispiel Leistungen von Krankenkassen, von der Rentenversicherung oder der Agentur für Arbeit.

Nicht nur der Widerspruch ist kostenlos. Falls Ihr Widerspruch keinen Erfolg hat, können Sie auch kostenlos vor dem Sozialgericht klagen.

Mehr dazu erfahren Sie im Familienratgeber-Artikel Klage vor dem Sozialgericht.

Andere Widerspruchsverfahren kosten manchmal etwas. Zum Beispiel: Sie haben einen Bußgeldbescheid bekommen, weil Sie im Straßenverkehr zu schnell gefahren sind. Gegen diesen Bescheid können Sie auch Widerspruch einlegen. Wenn Sie damit keinen Erfolg haben, müssen Sie Gebühren bezahlen.

Wer kann mich bei einem Widerspruch unterstützen?

Das Logo der EUTB.

Eine gute erste Anlaufstelle sind die Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatungen (EUTB). Die EUTB-Beratung ist kostenlos. Die Beratungsstellen bieten zwar keine Rechtsberatung oder Begleitung im Widerspruchsverfahren an. Aber sie wissen, wo Sie eine passende Beratung bekommen können.

Die Sozialverbände wie zum Beispiel der Sozialverband VdK Deutschland e.V. und der Sozialverband Deutschland e. V. (SoVD) bieten auch eine Rechtsberatung. Diese Beratung ist nur für Mitglieder. Die Mitgliedsbeiträge liegen bei knapp 6 und 7 Euro pro Monat.
Es gibt auch viele Behindertenverbände oder Selbsthilfegruppe, die beraten können.

Muss ich den Widerspruch immer selbst einlegen?

Nein, das können auch andere Personen für Sie machen. Sie können eine andere Person bevollmächtigen, das für sie zu tun. Das kann zum Beispiel ein Anwalt sein oder die Rechtsberaterin eines Sozialverbands. Die bevollmächtigte Person kann für Sie auch die Akteneinsicht übernehmen.

Wenn eine andere Person für Sie den Widerspruch übernimmt, entstehen meistens Kosten. Bei den Sozialverbänden sind die Kosten dafür nicht so hoch. Beim Sozialverband VdK Baden-Württemberg kostet es zum Beispiel 45 Euro, wenn Sie gerade erst in den Verein eingetreten sind. Mehr über die Kosten und Beratungsstellen erfahren Sie auf der Internetseite des VdK.

Was passiert nach dem Widerspruch?

Wenn der Widerspruch bei der Behörde, gesetzlichen Versicherung oder Krankenkasse angekommen ist, beginnt das Widerspruchsverfahren. Das heißt, die Behörde, Versicherung oder Krankenkasse überprüft dann ihre Entscheidung noch einmal. Es kann sein, dass die Behörde, Versicherung oder Krankenkasse Ihrem Widerspruch daraufhin Recht gibt. In diesem Fall ist der alte Bescheid nicht mehr gültig. Sie bekommen einen neuen Bescheid: einen sogenannten Abhilfebescheid.

Es kann aber auch sein, dass die Behörde, Versicherung oder Krankenkasse zu keiner anderen Entscheidung kommt. Dann geht Ihr Widerspruch an die zuständige Widerspruchsstelle. Die Mitarbeiter der Widerspruchsstelle überprüfen Ihren Antrag und Ihren Widerspruch noch einmal. Bleibt es bei der Entscheidung, lehnt die Widerspruchstelle Ihren Widerspruch ab. In diesem Fall bekommen Sie einen Widerspruchsbescheid.

Was tun, wenn die Behörde, Versicherung oder Krankenkasse Ihren Widerspruch ablehnt?

Lehnt die Behörde, Versicherung oder Krankenkasse Ihren Widerspruch ab, bekommen Sie einen Widerspruchsbescheid. Darin stehen die Gründe für die Ablehnung. Wenn Sie damit nicht einverstanden sind, können Sie Klage vor dem Sozialgericht erheben.

Klage können Sie nur dann erheben, wenn Sie vorher Widerspruch eingelegt haben.

Zuletzt aktualisiert am 15. Januar 2024

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